Haus

Es ist geradezu eine Sensation: In Oberalm steht eine im Volksmund „Fischer-Villa“ genannte Sommerfrischenvilla des späten 19. Jahrhunderts – die „Villa Wittgenstein“. Denn erst seit 2011 ist es gewiss: In ihr hat der weltbekannte österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein (1889 in Wien –1951 in Cambridge) im Sommer 1918 – auf Fronturlaub bei seinem Onkel Paul Wittgenstein (1842–1928) – seiner epochalen Schrift "Tractatus logico-philosophicus" die endgültige Fassung verliehen.
Paul Wittgenstein, seit 1889 im Besitz dieser Villa, hatte nämlich seinen Neffen Ludwig eingeladen und bestärkt, seine seit 1912 im Entstehen befindliche Schrift ausgerechnet in Oberalm, in seiner Villa, zum Abschluss zu bringen – mitten im Ersten Weltkrieg.

Der Umbau 1894

Schreiben Paul Wittgensteins an die Gemeinde Oberalm
Löbliche Gemeinde Vorstehung Oberalm.
Ich beabsichtige an der mir eigenthümlichen Villa Haus No 160 einen Zubau aufzuführen und lege die Pläne hiefür in dupplo vor. Zum Bauführer wurde Herr Otto Kneifal in Hallein bestellt. Ich ersuche die löbliche Gemeindevorstehung mir hiefür den Bauconsens zu ertheilen.

Oberalm am 22. Septeber 1894.
Paul Wittgenstein

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Die Geschichte des Hauses

¬ 1873/74 wird vom Halleiner Baumeister Ignaz Miller die sog. „Fischervilla“ geplant und errichtet.
¬ Seit 1889 ist sie im Besitz von Paul Wittgenstein (u.a. befreundet mit dem Mitbegründer der „Wiener Secession“ und Gründungsmitglied der „Wiener Werkstätte“ Josef Hofmann) und bleibt bis 1950 im Besitz der Familie (Sohn Dr. Hermann Wittgenstein 1879–1953, Arzt). Sodann kurze Zeit im Besitz von Theodor Porde, später im Besitz des Arztes Dr. Lanske bzw. seiner Erben.
¬ 1894 lässt Paul Wittgenstein die Villa umbauen. Die Villa trägt lt. Baupläne den Namen „Villa Wittgenstein“(!).

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Die Geschichte einer Entdeckung

Villa Wittgenstein, vulgo Fischervilla Oberalm

Im Sommer 2011 konnten Norbert Mayr (Architekturhistoriker) und Stefan Zenzmaier (Photograph) durch die freundliche Hilfestellung der Marktgemeinde Oberalm den Nachweis erbringen, dass sich die sog. Fischer-Villa im Besitz von Paul Wittgenstein befunden hatte. Schon 2008 hatte auch der Salzburger Historiker Gert Kerschbaumer im Zuge seiner Recherchen zur NS-Zeit begonnen, die Geschichte des Hauses zu erforschen.

Im Zuge der Überprüfung zahlreicher Dokumente und Publikationen über Ludwig Wittgenstein wurde schließlich klar, dass sich die mehrfach dokumentierte Episode in der Entstehungsgeschichte des „Tractatus“ nicht in Hallein, sondern in der gottlob erhaltenen Sommerfrischenvilla von Onkel Paul Wittgenstein im heutigen Gemeindegebiet Oberalm zugetragen hat.

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