Chronologie zur Villa Wittgenstein

Hier finden Sie eine Chronologie zur Geschichte der Villa sowie zum Versuch unserer Initiative, die Villa als „Europäischen Erinnerungsort für lebendige Kultur“ zu retten. Nicht zuletzt um diversen manipulativen Äußerungen, wie sie in den letzten Monaten in einigen Medien geäußert wurden, entgegenzuwirken.

15. Juni 1873: Baumeister Ignaz Miller sucht um Baugenehmigung an. Er hat das Grundstück von der Bogenmühlbesitzerin Walpurga Schmiederer erworben.

2008: Gert Kerschbaumer, fasst im Rahmen seiner Forschungsarbeiten zur Geschichte jüdischer Besitztümer im Land Salzburg zusammen:
➢ 1874: Eigentümer Nako de Nagy Szent Milklos
➢ 1889: Schenkung an Paul Wittgenstein (1842 – 1928)
➢ 1933: lt. Grundbuch Oberalm, Gerichtsbezirk Hallein, ist dessen Sohn Dr. Hermann Wittgenstein (1879 – 1953) Besitzer. Unter dem NS-Regime scheint das Haus im Verzeichnis jüdischer Liegenschaften auf, es erfolgte jedoch keine Enteignung bzw. „Arisierung“
➢ 1950: Verkauf an Theodor Pordes (Grundbuch Oberalm, Gerichtsbezirk Hallein)
➢ 1963 Kauf der Villa durch Familie Lanske.

August 2011: Norbert Mayr und Stefan Zenzmaier weisen durch die freundliche Hilfestellung der Marktgemeinde Oberalm und in Abstimmung mit zahlreichen Dokumenten und Publikationen zu Ludwig Wittgenstein nach, dass sich die vielfach dokumentierte, wichtige Episode in der Entstehungsgeschichte seines Tractatus nicht in Hallein, sondern in Oberalm in dieser konkreten und zudem noch erhaltenen Villa zugetragen hat.

September 2011: Stefan Zenzmaier nimmt Kontakt mit der Eigentümerin auf, informiert sie über die geschichtsträchtige Vergangenheit der Villa als besonderen Wittgenstein-Ort: Die Eigentümerin zeigt sich überrascht und sehr interessiert, will aber wegen der dort lebenden Eltern mit einer Besichtigung warten.
Der Kontakt reißt ab, die Eltern der Besitzerin sterben.
Ohne die Entdeckung an die große Glocke zu hängen, reagieren Kunstschaffende darauf.

15. November 2013: Premiere der Eigenproduktion von Theater bodi end sole „Wittgenstein! Selbstmord ist immer eine Schweinerei“. Regie Christa Hassfurther. Das Stück wird am 18. Juli 2015 zum Fest zur Festspieleröffnung wieder aufgeführt.

21. Mai 2014: Raumausschusssitzung: Antrag auf Abriss der Villa, um Platz zu schaffen für 16 Wohnungen (lt. Bebauungsstudie v. DI H. Scheicher v. 6.5.2014)

29. Mai 2014: Christa Hassfurther wendet sich brieflich an die Eigentümerin mit dem Appell diesen kulturgeschichtlichen Schatz zu erhalten und von einem Abriss der Villa Abstand zu nehmen.

Wenige Tage später: Gründung der Initiative „Villa Wittgenstein Oberalm (Christa Hassfurther, Karl Müller, Norbert Mayr und Stefan Zenzmaier)

6. Juni 2014: Antwortschreiben der Eigentümerin, in dem sie die Bedeutung des Hauses marginalisiert.

12. Juni 2014: Brief an das Landeskonservatorat für Salzburg mit der Empfehlung „dringend Maßnahmen zu ergreifen, um einem nicht wieder gut zu machenden Abriss Einhalt zu gebieten!“

Seit Mai 2014 beschäftigt sich die Initiative vertiefend mit der Thematik „Tractatus und Oberalm“.

Seit 23. Juni 2014 steht die Initiative in wertvollem Austausch mit DDr. Martin Pilch, der sich intensiv mit der Entstehungsgeschichte des „Tractatus“ auseinandersetzt.

20. Juni 2014: Der Rektor der Universität Salzburg und Präsident der Österreichischen Universitätenkonferenz Heinrich Schmidinger sendet ein Schreiben an den Oberalmer Bürgermeister Gerald Dürnberger, um ihn von der Dringlichkeit zur Erhaltung und Neuinterpretation des Ortes zu überzeugen.
➢ Der Bürgermeister sagt im Gespräch mit Karl Müller als Vertreter der Initiative die Planung eines Round-Table-Gesprächs gemeinsam mit dem Rektor zu.
➢ Die Initiative gibt im Gegenzug ihr Wort, bis auf weiteres nicht an die Medien zu gehen.

Ab Juni 2014: Die Initiative informiert im Rahmen einer Reihe von wissenschaftlichen und kulturellen Veranstaltungen die Anwesenden über die Villa und ihre Bedeutung und ersucht anschließend um Unterstützung durch persönlichen Eintrag in eine Unterstützerliste. Ab 5. Dezember ist dies auch online möglich: http://www.villa-wittgenstein.net/unterstuetzung Bis 10. April 2015 haben sich 311 Personen in die Liste eingetragen.

9. Juli 2014: Christa Hassfurther, Norbert Mayr und Stefan Zenzmaier stellen in einer außerordentlich anberaumten Bauausschusssitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit die komplexe Thematik vor, die mit dem Ort verbunden ist.
➢ Der Bürgermeister nimmt dazu nicht Stellung, sondern zieht sich auf den ausständigen Bescheid des Bundesdenkmalamtes zurück.
➢ Er erwähnt auch nicht den geplanten und versprochenen Round-Table.

21. Juli 2014: Dr. Lehne, dem Gutachter des BDA werden die damals bereits aussagekräftigen Quellen, durch die bewiesen werden konnte, „dass sich die vielfach dokumentierte, wichtige Episode in der Entstehungsgeschichte seines Tractatus nicht in Hallein, sondern in Oberalm in dieser konkreten und zudem noch erhaltenen Villa zugetragen hat“, angeboten.

➢ Dr. Lehne reagiert auf dieses Mail nicht.
➢ Seine Behauptung im BDA-Gutachten „unbeträchtliche Schlussarbeiten am 'Tractatus logico philosphicus'“ negiert den damals bereits bekannten Forschungsstand.

9. Oktober 2014: Vom Bürgermeister kurzfristig einberufenes Gespräch mit der Eigentümerin, dem Architekten und Karl Müller, in dem u. a. bekannt gegeben wird, dass der BDA-Bescheid abschlägig sei. Die anderen Mitglieder der Initiative sind definitiv nicht eingeladen.
➢ Der Wortlaut des Gutachtens wird mit Hinweis auf eine Geheimhaltungspflicht unter Verschluss gehalten. Es wird daraus passagenweise zitiert.
➢ Die Eigentümerin gibt bekannt, dass sie das Haus nicht mehr abzureißen gedenke, dass sie vielmehr bereit sei, das Haus zu verkaufen, eventuell auch einen Teil oder Teile davon.
➢ Die Initiative wird von der Eigentümerin ermutigt, potenzielle Käufer zu finden. Man möge sich dabei an den Architekten wenden.
➢ Auf Nachfragen der Initiative nach den möglichen Kosten wird keine Auskunft erteilt.

Oktober 2014: Einladung seitens der Initiative an die Eigentümerin zu einem gemeinsamen Pressegespräch zwecks Information an potentielle Käufer/Investoren.
➢ Die Eigentümerin lehnt jede Zusammenarbeit ab.

12. November 2014: Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes in der Sitzung des Raumordnungsausschusses, wonach ein Teil des Hauses abgerissen und mit einem Neubau verbunden werden sollte.

2. Dezember 2014: Die Website der Initiative wird online gestellt: http://www.villa-wittgenstein.net

4. Dezember 2014: Die Initiative geht zum ersten Mal an die Medienöffentlichkeit und lädt zu einem Pressegespräch ein.
➢ Auch die Eigentümerin und der Bürgermeister werden eingeladen, daran teilzunehmen.
➢ Die Eigentümerin lehnt die Einladung ab, schreibt ihrerseits einen Leserbrief: „… was den kulturhistorischen Wert dieser Tatsache [Fertigstellung des Tractatus in der Oberalmer Villa] anbelangt, sind vermutlich die Toiletten des Hotel Sacher reicher damit gesegnet.“ (Dr. Michaela Boeckl, SN, Leseforum, 10.12.2014)
➢ Der Bürgermeister ist aus gesundheitlichen Gründen verhindert.

Dezember 2014: Das Medienecho ist groß und durchwegs positiv, etwa: „Philosophie-Zentrum Oberalm: Wittgenstein würde ganz Salzburg schmücken. […] Damit rückt Oberalm, damit rückt ganz Salzburg plötzlich in den Mittelpunkt der Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts.“ (Thomas Neuhold, Salzburger Fenster, 10.12.2014)

16. Dezember 2014: Die Initiative bemüht sich brieflich um Gesprächstermine mit Spitzenpolitiker_innen des Bundes, Landes und der Gemeinde
➢ Die Antworten aus dem Bundeskanzleramt, vom Wissenschaftsminister und dem Landeshauptmann sind abschlägig, zum Teil demotivierend.
➢ Als Begründung wird angegeben, dass laut Information der Besitzerin „ein Verkauf für sie nicht in Frage kommt“.
➢ Kurze Zeit später, am 7. Jänner 2015, lässt der Architekt jedoch wissen, dass nach einer behördlichen Genehmigung eine Kostenschätzung und entsprechende Preisvorstellungen für einen Verkauf vorliegen.

5. Februar 2015: Kundmachung zur Änderung des Bebauungsplans mit Einspruchsmöglichkeit bis 5.3.2015
Einwände erfolgten von
➢ 19 Unterstützer_innen
➢ ca. 10 Anrainer_innen
➢ den im Gemeinderat vertretenen Grünen

4. März 2015: Der Rektor der Universität Salzburg und Unterstützer der Initiative der ersten Stunde betätigt in einem Mail,
➢ dass der von ihm für den Sommer 2014 angeregte Round-Table mit allen Beteiligten, vom Bürgermeister zugesagt, aber vom Gemeindeoberhaupt nie einberufen wurde.
➢ In den Medien jedoch betont der Bürgermeister, dass er sich unentwegt um ein gemeinsames Gespräch mit allen Beteiligten bemüht habe.
➢ Ähnlich äußert sich auch die Eigentümerin gegenüber den Medien und betont, dass sie sich nunmehr von der „selbsternannten“ Initiative „bedroht und enteignet“ fühle und daher rechtliche Schritte in Erwägung ziehe.

6. März 2015: In der Sendung „Journal“ (18:00) des Senders „Servus-TV“ zeigt die Eigentümerin eine Seite des abschlägigen Bescheides des Bundesdenkmalamtes, in dem für die Öffentlichkeit erstmals die Begründung des Begutachters zu lesen ist.
➢ Dabei stellt sich heraus, dass die Expertise nicht dem Stand der Prototractatus- und Tractatus-Forschung entspricht,
➢ das Ergebnis daher nicht nachvollziehbar, unschlüssig und somit unhaltbar ist,
➢ insbesondere mit Blick auf die Bestimmungen des gültigen Denkmalschutzgesetzes.

29. März 2015: „PalmKlang. Internationale Musiktage Oberalm 2015“ (Intendanz: Matthias Schorn, Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker):
➢ Uraufführung des im Auftrag des Festivals geschriebenen Klarinettenkonzertes, op. 29, von Christoph Ehrenfellner (Solist: Matthias Schorn; Sinfonietta Baden) in Oberalm – in Erinnerung an den Philosophen und Klarinettisten Ludwig Wittgenstein und Oberalm sowie Georg Trakl, der von Ludwig Wittgenstein entscheidend gefördert wurde. Die Satzbezeichnung des 3. Satz lautet „Tractatus“: „Ich habe […] mit meinem 3. Satz auf einer direkten und indirekten Ebene Beziehung aufgenommen zu Wittgenstein und seinem Tractatus: direkt, indem ich die dem Tractatus zugrundeliegende Art des Denkens als Konstruktionsprinzip aufgreife, erfahrbar mache […]. Indirekt verweise ich auf eine grundsätzliche Lebenserfahrung Wittgensteins selbst, indem ich diese versucht strenge und gewitzte Welt des logos, diese konstruierte gedankliche Welt jenem Unbeschreiblichen gegenüberstelle, das aus Gewalt und Gewalttätigkeit der Menschen erwächst.“ (Christoph Ehrenfellner: Vorwort zum Klarinettenkonzert op. 29. In: Programmheft PalmKlang 2015).

28./ 29. April 2015: Sämtliche Bäume rund um die Villa werden gefällt.