Klarstellung der "Klarstellung"

Kommentar zum Leserbrief Dr. Michaela Boeckl: Klarstellung zur "Villa Wittgenstein". In: SN Beilage, 10.12.2014
Die eigenartigen Argumentationslinien von Frau Dr. Boeckl sind uns bekannt. Es liegt auf der Hand, dass auch haltlose Unterstellungen unsere Arbeit nicht behindern können, geht es hierbei doch nicht um subjektive Eigeninteressen, sondern um den Erhalt eines europäischen Erinnerungsortes. Wir haben in einer Reihe von Gesprächen und Korrespondenzen versucht, ihr die Bedeutung des Ortes nahe zu bringen und auch zu vermitteln, dass wir ihre wirtschaftlichen Interessen respektieren. Leider vergeblich. Auch wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse aus der jüngsten Zeit konnten sie nicht überzeugen. Die belegbaren Fakten sprechen jedoch für sich: Wie sich herausgestellt hat, steht die Villa nicht auf dem Gemeindegebiet der Stadt Hallein, wie lange angenommen, sondern auf jenem der Nachbargemeinde Oberalm.

Auch wenn das Bundesdenkmalamt das Gebäude als nicht denkmalgeschützt einschätzt – das Gutachten und die Prozesse dieser Entscheidungsfindung sind uns leider nicht zugänglich, da es bis jetzt der österreichischen Geheimhaltungspflicht unterworfen bleibt (freilich, die Besitzerin und die Baubehörde/Gemeinde kennen dieses Gutachten) –, so ist dieses Gebäude auf dem etwa 1800 Quadratmeter großen Areal als unbestrittener Ort der Fertigstellung des „Prototractatus“ mit all den damit verbundenen philosophie- und kulturhistorischen Implikationen in seinem ideellen Wert als „erhaltenswürdig“ zu erachten. Dies ist letztlich eine kulturpolitische Beurteilung, die allerdings dem politischen Willen anheim gegeben ist und entsprechende baubehördliche Folgerungen nach sich zieht. Es wäre also mehr als spannend zu erfahren, auf welcher wissenschaftlichen Basis und wie dieses denkmalschutzbehördliche Gutachten hinsichtlich der kulturwissenschaftlichen Dimension tatsächlich argumentiert.

Es ist in diesem Zusammenhang dringlich daran zu erinnern, dass dem Wiener Wittgensteinhaus ein ähnliches Schicksal widerfahren ist und es nur aufgrund des Engagements einiger weniger Menschen möglich war, den bereits ausgestellten Abrissbescheid rückgängig zu machen. Heute ist es im Besitz der Bulgarischen Botschaft, nicht in österreichischem Eigentum, und es ist für die Allgemeinheit zugänglich.

Die Initiative Villa Wittgenstein Oberalm hatte Frau Dr. Boeckl zum Pressegespräch eingeladen. Trotz dieser Einladung zum Gespräch ist sie dort nicht erschienen. In der Presse erschienen die Berichte (SN, Krone, DrehPunktKultur, Standard, Illustrierte Neue Welt) und der ORF (Salzburg heute) brachte einen Fernsehbeitrag.

Die Initiative hat bei dieser Pressekonferenz nachweislich über alle uns bekannten Aspekte – etwa auch über den offenbar nicht gegebenen Denkmalschutz oder auch die spezifische Verkaufsbereitschaft – sachlich berichtet. Von einem „wohlweislichen“ Verschweigen kann also nicht die Rede sein. Das Gegenteil ist der Fall. Die anwesenden JournalistInnen können dies sicher bestätigen. Wir haben bei dieser Pressekonferenz auch in Form einer umfänglichen Punktation deutlich gemacht, auf welche Weise dieser besondere Ort unserer Auffassung nach sinnvoll, nachhaltig und qualifiziert genutzt werden könnte (Nutzungs- und Trägerkonzept). Dies ist für uns von ganz großer und ebenso entscheidender Bedeutung.

Schließlich: Bei der von Frau Dr. Boeckl im Zusammenhang mit der Bitte um Überprüfung der Schutzwürdigkeit des Gebäudes aufgestellte Behauptung, es handle sich dabei um „persönliche Anmaßung“, um eine „respektlose Missachtung von Privatsphäre“, ja sogar um die Verschwendung von „Steuergeldern“, ja die Initiative betriebe letztlich eine „Instrumentalisierung von Politik und Behörden“, kann natürlich keine Rede sein. Solche Unterstellungen sind zurückzuweisen, geht es doch allein um das berechtigte Interesse einer geschichtsbewussten sowie aufmerksamen Öffentlichkeit, einen für die österreichische und europäische Kulturgeschichte außergewöhnlichen und erinnerungswürdigen Ort zu erhalten und neu zu nutzen.

In einem Gespräch zwischen ihr, dem Bürgermeister und ao. Univ. Prof. Dr. Karl Müller hat Frau Dr. Boeckl das Haus bzw. einen Teil oder Teile davon zum Verkauf angeboten, Preise aber wurden keine genannt. Man könne sich, so hieß es, in das von Frau Dr. Boeckl geplante Wohnbauprojekt einkaufen – also etwa 100 oder 200 oder 300 Quadratmeter erwerben. Die Besitzerin hatte die Initiative auch eingeladen, möglichst bald, ja umgehend Käufer für die Villa oder Teile davon zu finden. Auf Basis dieser Aufforderung gingen wir an die Öffentlichkeit. Und diese Aufforderung steht auch auf unserer Homepage.

Ganz pragmatisch gesagt, wir wünschen uns eine Lösung, die diesem Ort würdig ist, der Gemeinde und der Region Salzburg–Oberalm–Hallein Ansehen verleiht und den finanziellen Bedürfnissen und Erfordernissen der Eigentümerin gerecht wird. Mit dem Einkauf in eine der geplanten Wohnungseinheiten ist es eben nicht getan. Unser Ziel ist daher nach wie vor die respektvolle Restaurierung und sensible Neuinterpretation des Hauses, dieses innovativ zu gestalten, die Schaffung eines kulturellen Zentrums, in dem Wissenschaft und zeitgenössische Kunst und Kultur gleichermaßen Platz haben, eben einen „Europäischen Erinnerungsort für lebendige Kultur“ zu schaffen.

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